Mensch trifft Mensch
 

 

Ein Schulaustausch der besonderen Art

 

Georgsanstalt – Berufsbildende Schule II Uelzen und Vocational School Chiatung
In der Regel eignet sich ein Sprachaustausch hervorragend dazu, um das Erlernen einer Fremdsprache zu unterstützen, weswegen Schüler sich zu einem Aufenthalt ins Ausland aufmachen. Ins Ausland machen sich auch Schüler zweier Berufsfachschulen aus Deutschland und Taiwan auf – allerdings steht bei ihnen nicht das Erlernen einer Fremdsprache im Vordergrund, vielmehr das Kennenlernen des Arbeitsalltags in einem fremden Land.

Ankunft auf dem Flughafen Kaohsiung
Ankunft auf dem Flughafen Kaohsiung

Seit einer langen Reihe von Jahren pflegen zwei berufsbildende Schulen eine Schulpartnerschaft: die Georgsanstalt – Berufsbildende Schule II in Uelzen und die Vocational School (Berufsschule) in Chiatung (Jiadung) im Landkreis Pinneberg (Pingtung County) auf Taiwan. Die Georgsanstalt bietet als traditionelle Bildungseinrichtung für den ländlichen Raum seit 150 Jahren Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwirtschaft an. Daneben gehören Hauswirtschaft, Floristik, Altenpflege und Sozialpädagogik zum Angebotskatalog. Die Partnerschule in Chiatung lehrt im Bereich der Ernährung, wobei von der Erzeugung pflanzlicher und tierischer Produkte, über deren Verarbeitung bis zur Dienstleistung in Restaurantbetrieben alles erlernt werden kann.


Ihren Kontakt pflegen sie über rege Korrespondenzen und in wiederkehrenden Turnus arrangieren sie gegenseitige Besuche. Bei diesen Gelegenheiten tauschen sich die deutsch-taiwanische Delegationen, bestehend aus Schülern, Lehrkräften, Alumnis und Leitern von Ausbildungsbetrieben, über ihr jeweiliges Umfeld aus: Politischer Alltag in den gelebten Demokratien und deren Entwicklungsprozesse seien Diskussionsthemen unter den Schülern, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der entsprechenden Bildungseinrichtungen werden in den Augenschein genommen, wobei dann unumgänglich Betrachtungen der verschiedenartigen Bildungssysteme folgen.

Schüler aus Deutschland und Taiwan bei gemeinsamer Holzbearbeitung
Schüler aus Deutschland und Taiwan bei gemeinsamer Holzbearbeitung

Fernöstliche Ansichten stehen westlichen gegenüber. Mit Interesse besehen die Taiwaner die Eigenarten des dualen Bildungssystems in Deutschland und erörtern mögliche Umsetzung bzw. Ergänzung von deutschen Lehrweisen in taiwanische Methodiken. Die deutschen Pädagogen hingegen stellen staunend fest, dass nahezu fünfzig taiwanische Schüler in einem Klassenraum in der Lage sind, den Ausführungen des Lehrers diszipliniert zu begegnen. Sie nehmen zur Kenntnis, dass in der Regel nach dem spätnachmittäglichen Schul-schluss individueller Musikunterricht und private Förderungsmaßnah-men erfolgen und die Schüler erst dann anschließend sich der Erledigung der Hausaufgaben widmen.


Zum gegenseitigen kulturellen und schulischen Austausch zählen sowohl die Besichtigung von deutschen und taiwanischen Betrieben, als auch das Erleben von kulturellen Darbietungen. Ebenso gehören Besuche von Bildungseinrichtungen zum beidseitigen Transfer von unterschiedlichen Zivilisationsformen. Das Absolvieren eines Betriebs-praktikums im jeweiligen Gastland werden sowohl von deutschen als auch taiwanischen Schüler gerne wahrgenommen.

 

So hat im vergangenem Jahr Ina Geisler, Absolventin der Fachoberschule Agrar, ein betriebliches Praktikum beim Kenting Nationalpark im Süden Taiwans durchlaufen, um die Übergangszeit zum Beginn des Studiums der Garten- und Landschaftsarchitektur erfahrungsreich zu gestalten.

Schulleiter Chang (Chiatung) mit Praktikantin Ina Geisler aus Harburg
Schulleiter Chang (Chiatung) mit Praktikantin Ina Geisler aus Harburg

Auch Tanja Menke nutzte ein Praktikum in einem taiwanischen Gartenbaubetrieb zur Ergänzung ihrer Kenntnisse bezüglich der Pflanzenwelt. Ferner erhielt der Schüler Dominik Feistkorn im Rahmen eines Praktikums in einem Biologielabor die Chance, sich seinem Interessenfeld der Chlorella Algenzucht zu widmen, während Schüler Tilman Pradt sich an einer taiwanischen Universität im journalistischen Bereich etablierte. Zeitgleich begaben sich taiwanische Schüler nach Norddeutschland und haben in deutschen Betrieben die Berufswelt in den Focus genommen. Sprachbarrieren können sich als kleines Handicap herausstellen, bei der aber jugendliche Flexibilität stets hinweg hilft.


Wie Joachim Meyer weiß, können sich Sprachbarrieren als kleines Handicap herausstellen, bei der aber jugendliche Flexibilität stets hinweg helfe.
Ein Austausch unter Schülern, die ihren Alltag in unterschiedlichen Hemisphären leben, ist ein unübertreffliches Mittel, um jungen Menschen einander begegnen und erleben zu lassen. Das wissen die Schüler, Lehrer und Eltern der Georgsanstalt und der Vocational School unlängst, denn nicht umsonst pflegen die beiden berufsbildenden Schulen seit nahezu 25 Jahren eine gelungene Schulpartnerschaft.

 

Joachim Meyer, Georgsanstalt Uelzen